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Wenn dein Hund dich spiegelt

  • Autorenbild: Meret Yannice Wälti
    Meret Yannice Wälti
  • vor 7 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

Diese Reise habe nicht nur ich gebraucht, sondern auch mein Hund.

Kaum Interaktionen, kaum Berührungen, kaum Meinungen, kaum Menschen.


Kaum Menschen, die ständig seinen - unseren - Raum überschreiten,

ihn ungefragt anfassen,

seine Grenzen überschreiten,

obwohl er kommuniziert, wenn auch subtil.


Weil die subtile Kommunikation nicht wirkte,

ist sie heute nicht mehr subtil.

Er hält fremde Menschen auf Distanz,

wenn es sein muss auch laut.


Die letzten Monate waren zu viel.

Zu viele Menschen,

zu viele Reize,

zu viele neue Begegnungen,

zu viele Hände,

wo doch ein Hund eigentlich nicht dafür gemacht ist,

mit so vielen verschiedenen Menschen interagieren zu müssen,

geschweige denn sich anfassen zu lassen.

Von oben herab,

bedrohlich,

schnell,

überhastet,

aufgeregt

ohne zu fragen,

ohne abzuklären,

ob er möchte oder nicht.


Viele sind invasiv, übergriffig, egoistisch,

wollen sich selbst, mir oder dem Hund beweisen,

dass Hunde sie mögen,

dass sie „gut können“ mit Hunden,

"sie seien doch selbst mit Hunden aufgewachsen".


Menschen fühlen sich vor den Kopf gestossen,

wenn Hunde sie nicht mögen,

denn Hunde spüren Energien und Emotionen.


Menschen grüssen ihn bevor sie mich begrüssen,

finden es wichtiger,

dass mein Hund sie mag,

als dass ich sie mag,

haben nichts anderes zu bereden,

als seinen Maulkorb,

wenn ich mich denn mal überwinde,

ihm einen anzuziehen, damit ihn nicht immer alle im öffentlichen Raum anfassen,

und das Thema nicht zu einem noch viel grösseren „Problem“ wird.


Ich soll ihn überall mitnehmen,

er soll überall dabei sein,

„Es freuen sich doch alle so, wenn er mitkommt“,

aber nur, wenn er so lieb ist,

wie er eigentlich ist,

doch wehe er zeigt hündisches Verhalten,

wird laut,

akzeptiert nicht mehr alles,

ist nicht mehr angepasst,

nicht mehr der Hund,

wegen dem alle Menschen auch einen Hund haben wollten.


Oh, wie viel müssen wir Menschen lernen,

nicht nur über Hunde,

sondern über uns selbst,

über unsere Übergriffigkeit,

über unseren Egoismus,

darüber, ungefragt Meinungen abzugeben

und anderen Leuten erklären zu wollen,

wie die Dinge wirklich funktionieren.


Wie viel musste ich selbst lernen auf diesem Weg der Hundehaltung,

die so viel komplexer ist, als man denkt.

Der Hund spiegelt dich,

ob du es willst oder nicht,

er kopiert dein Verhalten,

liest deine Emotionen,

du kannst vor ihm nichts verheimlichen.


Ein Hund zu haben, bedeutet,

sich selbst zu kennen,

bei sich zu sein,

zu wissen,

ob man in der Lage ist,

für sich einzustehen und

Grenzen zu setzen.


Es zeigt einem,

ob Menschen einen respektieren oder nicht,

wenn sie den Hund streicheln,

obwohl du nein sagt,

wenn sie ihn ständig von seinem Platz weglocken,

obwohl du ihn dort platziert hast,

wenn sie sagen, „der mache doch nichts“,

obwohl er einen Maulkorb trägt.


Wenn du nicht bei dir bist, kann es sein,

dass der Hund für dich übernimmt,

für dich kommuniziert,

und das ausspricht,

was du selbst nicht zu sagen wagst.

 
 
 

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© 2022  Meret Yannice Wälti

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